re:publica 2014 – persönlicher Rückblick Teil 1

Bild_DB_ec573c2154Ich fühle mich, als wäre ich letzte Woche ins Internet gekrochen. Es ist kalt und dunkel in den Hallen der STATION Berlin. Und auf einmal bin ich so nah dran an den Bloggern, die ich eigentlich nur über Blogberichte und Instagram-Bilder kenne, an der Crème de la Crème der digitalen Szene. Weil wir in den drei Tagen so viel drinnen sind, wird uns die Natur über riesengroße Baumfotografien auf Papierbahnen nahegebracht. „Into the Wild“ ist das Thema der diesjährigen re:publica, das die digitale Elite zu „wilden“ Diskussionen einlud und sich wieder sehr schön und konsequent durch die gesamte Veranstaltung zog. Zu gern hätte ich so eine Baum-Tapete auch für unser Büro!

Als Team-Lead für unsere zwei Kids-Kunden „Britax Römer Kindersicherheit GmbH“ und Kinderschuhe der Marke GORE-TEX® haben mich die Sessions „Zur gesellschaftlichen Bedeutung von Elternblogs“ sowie die Session „Väterblogs“ besonders interessiert. Blogger nehmen in unserer täglichen Kommunikationsarbeit eine stetig wachsende Rolle ein und wir können und wollen gar nicht mehr ohne sie – ehrliche Produkttests, ausführliche Clippings in Realtime und wunderschöne Bildstrecken. Auf der re:publica habe ich um deren gesellschaftliche Relevanz gelernt, die mir so vorher nicht bewusst war.

Elternblogs – für alle gelangweilten Eltern?

Mutter X oder Vater Y macht einen Blog auf, weil sie nun während der Elternzeit endlich mal Zeit dafür haben. Und weil sie sowieso so gerne über ihre kleinen Süßen sprechen und schreiben. Das mögen Gründe sein, viel wichtiger ist aber die gesellschaftliche Bedeutung eines Blogs.

Junge Eltern haben heute keinen „Clan“ mehr um sich, bei dem sie sich Dinge wie Still- und Massagetechniken, Heilungs- oder Geburtsmethoden abschauen oder über Themen wie Fruchtbarkeit und Erziehung diskutieren können. Sie müssen auf neuen Kanälen auf Wissen zurückgreifen, denn z.B. Stillen muss erlernt werden, sie brauchen hier Vorbilder. Fernsehserien (bspw. die Geburtsszene bei Greys Anatomy), Elternzeitschriften, Pinterest, Bücher und Geburtsvorbereitungskurse sind eine Möglichkeit für werdende Eltern, um sich Wissen anzueignen, jedoch sind diese zeitlich begrenzt und bieten nicht viel Raum für persönlichen Austausch.

Blogs hingegen bieten jungen Müttern oder Vätern die Möglichkeit, sich mit ihrem „Online Elternclan“ auszutauschen und ihre Fragen, Erzählungen und Tipps mit den Bloglesern und anderen Bloggern auszutauschen. Ohne Filter oder Wörterbegrenzungen finden Eltern hier Platz für sehr ausführliche Berichte. Kernthemen der 34 beliebtesten „Brigitte Mom Blogs“ sind Texte über den Familienalltag, Fotostrecken, Feste und Ausflüge. Eltern suchen und brauchen Vorbilder, die ihnen den Alltag mit Kindern veranschaulichen. Es muss gar nicht die abgefahrene Geschichte sein, schon Alltägliches ist dem Elternclan aufregend genug.

Der Blog fungiert als eine Art Ratgeber für beide Seiten. Erst kürzlich schrieb die Bloggerin Frida Petersen zum Beispiel über die Schlafprobleme ihrer Zwillinge. Am Ende ihrer Kräfte und ratlos wendet sie sich an den Online Elternclan und bekommt in Nullkommanix 22 Antworten und Tipps von ihren Leserinnen. Funktioniert wohl also.

Väterblogs – Warum wir auch unbedingt männliche Blogger brauchen

Väter bloggen auch über Gefühle. Das Gefühl auf Legosteine zu treten.

Bei Väterblogs kommt ein weiteres wichtiges Thema hinzu, denn da sich das Rollenbild der Väter in den letzten Jahren so sehr gewandelt hat und es noch nicht viele Vorbilder gibt, können sich andere Väter vor allem an den Blogs orientieren.

Ca. 13 Prozent der Elternblogs sind Väterblogs. Sie sind also (noch) eine Nische, aber es gibt sie. Im Gespräch unterhalten sich die Blogger A. Lorenz, H. Reuss , S. Trautwein und als Quotenfrau P.Cammarata über ihre Motivation zum Bloggen. „Männer müssen mutig zu ihren Entscheidungen stehen. […] Wenn wir uns immer abschirmen, wie soll dann endlich die Geburtsrate steigen? Wir müssen mit Menschen zusammenkommen.“ Und „Kein Newsletter der Welt sagt mir, dass es eine Option ist, dass sich mein Kind nach x Monaten noch nicht auf den Bauch drehen kann. Das wird mir auch ein Magazin nie erzählen. Dafür brauchen wir Blogs.“, diskutiert die Runde auf Bühne 4.

Auch Queerblogs werden in unserer facettenreichen Gesellschaft immer wichtiger und Großelternblogs sollten wichtiger werden, da „sie eine wichtige Rolle in der Familie spielen und einen interessanten anderen Blick auf die Welt und die Kinder der Kinder haben“. Und weil sie „Mut auf Kinder“ machen. Interessant wird es, wenn die Kinder auch anfangen zu bloggen und sich der Kreis schließt.

Die Diskussion um die Privatsphäre der Kinder und das Recht, ihre Bilder und Geschichten auf dem Blog zu veröffentlichen zieht sich an allen drei Tagen durch unterschiedliche Sessions. Es ist ganz klar eine persönliche Entscheidung und Einstellungssache der Eltern.

Beide Sessions können hier noch einmal ansehen werden:

Zur gesellschaftlichen Bedeutung von Elternblogs:
http://www.youtube.com/watch?v=4E-csFklPVA

Väterblogs: http://www.youtube.com/watch?v=mb1Rhs9mncg

Ein Überblick über weitere interessante Sessions folgt in den nächsten Tagen. Jetzt musste ich erst einmal wieder von meinem Smartphone aufsehen, im richtigen Wald laufen gehen und einen Kaffee trinken, ohne ihn danach gleich zu fotografieren und auf Facebook/Twitter/Instagram zu posten.