Ob Mode, Einrichtungsgegenstände oder Elektronik – mehr als jeder zweite deutsche Bürger kauft online ein. Deutschland ist im europäischen Vergleich mit Pro-Kopf-Ausgaben von 1.054€ (für 2014) weit vorne dabei. Auch im letzten Jahr kletterte der Umsatz um 12 Prozent auf 41,7 Milliarden Euro – Trend weiterhin steigend. Nun suchen E-Commerce-Unternehmen zunehmend nach erweiterten Business-Modellen, um ihre Erfolge weiterhin auszubauen.
Die Idee des Curated Shopping
Für einige Modehäuser ist in den letzten Jahren „Curated Shopping“ ein Multi-Channel-Model geworden. Nachdem das Modell zunächst von E-Commerce-Unternehmen ins Leben gerufen wurde, kommt die Idee zunehmend auch bei lokalen Modehäusern gut an, nicht zuletzt da sie eine Chance in der Profitsteigerung sehen. Die dominierenden Online-Player wie Outfittery oder Modomoto haben die Chance der personalisierten Stilberatung in Zeiten des Online-Shoppings bereits vor vier Jahren entdeckt. Die Idee: Kunden werden durch eine Befragung bestimmten Stiltypen zugeordnet und erhalten personalisierte Shopping-Vorschläge, die direkt online bestellt werden können.
Nach den Modehäusern Konen in München und Garhammer in Waldkirchen startet nun auch Wöhrl mit „myoutfit“ Curated Shopping. Der Kunde erhält hier ein individuelles Outfit im Warenwert zwischen 1.000 und 1.500 Euro, nachdem er im Vorfeld einen Online-Fragenbogen und eine telefonische Beratung durchlaufen hat. Idee ist es, das Einzugsgebiet zu erweitern, neue Zielgruppen zu erreichen und weggezogenen Stammkunden anzusprechen. Alle lokalen Modehändler verfolgen mit Curated Shopping auch das Ziel, die Frequenz im Laden zu erhöhen und Zusatzverkäufe zu generieren.
Das Modehaus Konen aus München fährt mit dieser Strategie gut. Das erste Fazit nach vier Monaten war durchaus positiv. So sei der durchschnittliche Warenkorbwert um 20 Prozent höher als im Laden.
Multi-Channel-Strategien für den stationären Einzelhandel
Für viele kleinere stationäre Modegeschäfte bleibt ein eigener „Online-Shop“ aber noch schwer realisierbar. Dieser Herausforderung hat sich die E-Commerce-Plattform Locamo gestellt und kürzlich einen Online-Shop eröffnet, der sich diesen USP auf die Fahne geschrieben hat. Online-Shopping und reales Shopping miteinander zu verbinden, ist die grundlegende Multi-Channel-Strategie der Plattform.
Locamo vereint auf seinem Online-Shop viele stationäre Einzelhändler, die hier ihre Produkte anbieten können. Der Kunde wiederrum hat die Möglichkeit, die Produkte online zu kaufen, im Geschäft direkt abzuholen oder dort zu reservieren. Zusätzliche Services wie Veranstaltungstipp sollen den lokalen Einzelhandel stärken. Locamo versteht sich hier als Partner, der die Digitalisierung des Einzelhandels vorantreibt, ihnen eine Online-Präsenz ermöglicht und dadurch eine Händlercommunity ins Leben ruft.
[Offenlegung: Locamo ist Kunde von F&H Porter Novelli.]
Zalando‘s Vision des Online-Shoppings der Zukunft
Auch Zalando hat erkannt, dass Multi-Channel-Strategien die Musik der Zukunft sind. Im Mai veröffentlichte Zalando sein Ziel, zum „Betriebssystem für Mode“ zu werden. Was genau versteckt sich hinter dieser Aussage? Zalando ist der Auffassung, dass es zukünftig im Handel nicht nur darum geht, Produkte vom Käufer an den Kunden zu bringen, sondern auch neue Service-Leistungen auf dem Markt zu bringen, die weniger austauschbar sind. Zalando verfolgt das Ziel, eine Plattform zu werden, die mit verschiedenen Beteiligten der Branche kooperiert. Gefragt sind Brands, unabhängige Designer, Textilfabriken, Händler und Content-Provider, aber auch Stylisten und Logistikdienstleister.
Den Konsumenten sollen durch die Plattform noch mehr Dienstleistungen zur Verfügung gestellt werden. So würde sich die Möglichkeit bieten, direkt bei Textilherstellern einzukaufen, It-Pieces von Modebloggern online einzukaufen oder einen Stylisten zu beauftragen, der das perfekte Outfit zusammenstellt. Die Idee: Jeder handelt mit jedem. Für Zalando würde dies einen Zugewinn durch Provisionen oder Services bedeuten. Kritische Stimmen geben zu bedenken, dass Zalando in diesem System als Schnittstelle die Zielgruppe komplett kontrollieren würde.
Die Idee Online-Shopping zu erweitern, um den Einzelhandel zu stärken und Konsumenten mehr Leistungen anzubieten, klingt attraktiv. Schade wäre es, wenn ein Online-Mode-Handel wie Zalando den Markt in diesem Bereich für sich alleine beansprucht und dadurch Abhängigkeiten entstehen würde. Auch für den stationären Einzelhandel ist es relevant über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen und zu versuchen „online“ und „offline“ zu verbinden, um neue Zielgruppe zu erreichen und im Trend der Zeit zu bleiben.